
Das Autorensystem meiner Wahl heißt Myüdütü von dem kanadischen Unternehmen Udutu Online Learning Solutions (you do too“ im Englischen ausgesprochen).
Warum habe ich dieses Tool ausgewählt? Aus prinzipiell zwei Gründen:
Erstens: Genauso wie bei ezMaddin habe ich „speed dating“ mit vielen verschiedenen Tools gemacht und es hat wirklich lange gedauert, bis ich das richtige gefunden habe. Es gab immer einen Haken, oder es hat einfach nicht „gefunkt“. Entweder waren die nicht Mac kompatibel, oder sie schienen mir zu kompliziert für meine noch begrenzte technische Vertrautheit mit Autorensystemen. (Tom ist vom Mars, Autorensysteme von der Venus oder irgendwas in der Art). Ich wollte also ein rapid e-learning Tool finden, das auch von einem „Tech Dummy“ eingesetzt werden kann.
Zweitens: Ich wollte auch ein Tool finden, das nicht eins von diesen alten Standard Authoring Tools ist, mit denen klassische e-learning Einheiten bereits seit Jahren produziert worden sind. Denn ehrlich gesagt dachte ich, das gehört schon zu der Vergangenheit.
Siehe Kerres und Voss: „Standen in den 90er Jahren vor allem die Möglichkeiten multimedialer und interaktiver Medien im Vordergrund, so stehen z.Z. vor allem die kommunikativen und kooperativen Szenarien im Mittelpunkt des Interesses.“ (Methoden und Medien, 2008, Seite 10)
Ich wollte ein Tool finden, das diese kommunikativen und kooperativen Elemente gleich integriert.
Ich bin der Meinung, die kommunikativen und konstruktiven Elemente tragen viel mehr zu authentischen Lernprozessen bei, als die geschicktesten, multimedialen e-learning Einheiten. Ich weiss auch, dass Unternehmen viel Geld in klassischen e-learning Maßnahmen investiert haben. In den Neunzigern wurde gesagt „jetzt braucht man nur die Maschine, um gutes Lernen zu gestalten.“ In der ersten Generation des e-learnings wurde viel Geld verschwendet. Es schien, als ob das Lernen dabei offiziell effizienter gestaltet werden konnte, aber die Lerneffektivität war teilweise so miserabel, dass viele Unternehmen dann doch mehr Geld in andere Maßnahmen investieren mussten, um Mitarbeiter umzuschulen.
Die Ära ist vorbei, wo wir dachten eine Maschine kann den Mensch ersetzen. Nun geht es nicht unbedingt um eine Lehrperson, die alles weiß sondern mehr darum, daß die Lernenden einander bei dem Lernprozess auf verschiedene Art und Weise unterstützen.
Ich finde eine e-learning Einheit (etwa WBT) fängt an, effektiv zu werden, wenn sie in ein gut durchdachtes didaktisches Konzept eingebettet ist. Dazu gehört die Möglichkeit für die Lerner, ihr Wissen aus echten Erfahrungen selbst zu kreieren und miteinander auszutauschen.
Meiner Meinung nach ist auf dem „Lernbuffet“ zwar Platz für WBTs u.ä., aber der Platz ist begrenzt. Denn der „Hauptgang“ des Lernens besteht eher aus echten Erfahrungen, real world Situationen, Kommunikation, Zusammenarbeit und immer wieder Aufgabenstellungen in Bezug zur realen Welt.
Ein konkretes Beispiel aus meinem beruflichen Umfeld: ein Kollege von mir bei einem internationalen Unternehmen in den Niederlanden war dabei, einen Online Kurs für technische Operatoren zu konzipieren. Die „Subject Matter Experts“ wollten, dass ein teueres Simulationsystem gebaut wird, wo die Lernenden individuell die gewünschten Fertigkeiten üben konnten. Es wurde festgestellt, diese Simulation würde mehrere hundert tausend Euro kosten. Mein Kollege hat das abgelehnt und hat etwas viel arbeitsnäheres und kollaborativeres konzipiert. Anstatt vorm Rechner zu sitzen und durch eine Simulation zu gehen und Aufgaben zu vollenden, bekommen die Lernenden eine Checkliste und gehen zu zweit tatsächlich in den Kontrollraum und werden von einem echten Operator gecoached. Sie beobachten die tatsächliche Arbeit und können im Sinne von „Cognitive Apprenticeship“ einige Aufgaben ausprobieren. Danach reflektieren die Partner über das was sie gelernt haben. Anschließend berichten sie den Mitlernenden in einem Forum und auch live in einem virtuellen Klassenzimmer über ihre Erfahrungen. Sie werden genauso wie vorher getestet. Das Ergebnis ist sehr gut und mein Kollege hat dem Unternehmen viel Geld gespart. Der Kurs ist bisher noch im Online Format, nur einige Aufgaben finden kollaborativ am echten Arbeitsplatz statt und nicht isoliert vor dem Computer. Der Online Teil besteht aus Austauschen und Reflexion mit den Mitlernenden.
All diese Gedanken strömten durch meinen Kopf, als ich mich auf die Suche nach einem passenden Authorensystem gemacht habe. Ich wollte wenigstens ein Tool finden, das die kollaborativen und kommunikativen Elemente des Lernens integriert.
Im Laufe des endlosen Google Searches bin ich irgendwann über das Blog von Janet Clarey gestolpert, ehemalige Forscherin bei Brandon Hall Research. Sie hat das Tool udutu gelobt. Dieses Tool ist ein sogenanntes „new generation“ e-learning Authorensystem. Das System hat die klassischen Elementen (Animation, Tests, Video, usw.), und lässt sich auch mit moodle u.ä. leicht integrieren. Es ist kein „perfektes Tool“ aber einige Elemente haben mich beeindruckt. Sie schlagen vor, die e-learning Einheiten möglichst kurz zu konzipieren und sie in kollaborative Lernszenarien einzubetten. Das Tool ist auch 100% Web basiert und fördert die kollaborative Arbeit an Kursen der Developer und SMEs.
Weitere interessante Aspekte dieses Tools:
Man kann die Kurse, die man kreiert, auf Facebook publizieren (udutu teach). Man kann auch Kurse bei Facebook belegen (udutu learn). Der Kurs als App und Facebook als LMS....ein innovativer Ansatz! Die Vision der Gründer ist es, Menschen zu befähigen, ganz spontan Kurse konzipieren zu können, die sie dann miteinander teilen. Mag sich utopisch anhören, aber wie ich finde eine sehr schöne Vision, sehr progressiv und zukunftsorientiert. In einer Welt wo Lernen überall und kontinuierlich stattfindet, passt es, dass Menschen zu permanenten Lernern und Lehrern werden. Wenn Lerner ihre eigenen Einheiten kreieren und miteinander teilen können, anstatt nur Einheiten von den offiziellen Lehrenden zu „konsumieren“, kann man einen echten konstruktivistischen Ansatz leicht umsetzen. Dabei findet eine Demokratisierung des Wissens statt.
Bei diesem Tool geht es weniger um die mutlimedialen Potenziale des e-Lernens, sondern eher um die Potenziale des social learning. E-learning Experten wie Jay Cross, Jane Hart, Harold Jarche, Janet Clarey, und andere betonen, die Zukunft des e-learnings geht in diese Richtung. Für mich ist das spannendste Potenzial des e-learnings weniger spezifische technische Funktionen eines Autorensystems, sondern wie Menschen beim Lernen einander unterstützen können.
Außerdem ist das Tool super leicht zu bedienen...obwohl ich als „Tech Dummy“ von einem echten „face to face“ Tutor profitieren würde.
Und als Schlusswort: Der Maler und Schriftsteller Francis Picabia hat einst gemeint: „Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.“ Mit anderen Worten: I could be wrong about all of this, but that’s what I think at this moment.
Ach ja, fast vergessen: Hier mein bescheidener Versuch, eine Einheit zu konzipieren...
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