Sonntag, 6. März 2011

Reduced Social Cues führt zu Gehirnsprache statt Körpersprache: Wer schreibt, der bleibt (oder wenigstens sein/ihr Beitrag!)

Unsere Gruppe, die eZLearners, hatten eine sehr produktive Zusammenarbeit im Forum, wo wir uns über unsere Erfahrungen mit Online Kommunikationstools ausgetauscht haben.

Es war eine sehr lebendige Diskussion, in der wir nicht nur über spezifische Tools diskutiert haben, sondern auch unsere Meinungen über die geschickte Verwendung solcher Tools im didaktischen Kontext eingebracht haben.

Ich finde, unsere Gruppe ist eine sehr motivierte Gruppe, die viel Enthusiasmus fürs Lernen und das Thema Mediendidaktik zeigt. Wegen der hohen Motivation lief die Diskussion ganz von allein.

Wir sind mit den reduced social cues sehr gut umgegangen. In gewisser Weise haben die reduced social cues uns sogar geholfen, die Diskussion so produktiv zu gestalten. Da wir uns erst mal face to face ein bisschen kennen gelernt haben, ist es schwer zu sagen, ob so eine Zusammenarbeit geklappt hätte, wenn wir uns vorher nicht getroffen hätten. Ich denke schon, aber die Frage muss einfach unbeantwortet bleiben.

Ich glaube die text-basierte Asynchronität dieser Aufgabe war für uns ein großer Vorteil, und das Forum war das perfekte Vehikel für die Aufgabe. Jeder konnte sich Zeit nehmen zu reflektieren, um die eigenen Beiträge zu formulieren, ohne sofort antworten zu müssen. Erst zum optimalen Zeitpunkt für das jeweilige Mitglied wurde die Meinung geäussert. Das hatte den Effekt, dass die ganze Diskussion etwas tiefgehender ausfiel, als eine reine face to face oder virtuelle synchrone Diskussion gewesen wäre. Es führte auch zu einer ausführlicheren Verarbeitung oder Auseinandersetzung. Wir hatten Zeit die Gedanken der anderen ezies zu lesen und darauf zu antworten (reviewability).

Durch die reduced social cues konnten wir uns mehr auf die Ideen und Reflexionen konzentrieren, als auf die sozialen Elemente. Statt Körpersprache ging es um Gehirnsprache, und das finde ich erfrischend. In so einer Diskussion kann man sich auf die Qualität der Ideen konzentrieren und ist nicht durch Status, Charisma, die Eigenschaften der Stimmen oä. beeinflusst. Ich finde, dass eine gewisse Egalisierung bei so einer Diskussion geschaffen wird. Die social identity kommt nicht vom social status, sondern aus dem Austausch von Ideen.

Natürlich gibt es auch Herausforderungen in so einer asynchronen Diskussion. Die Kohärenz ist manchmal schwierig aufrechtzuerhalten, und es besteht die Gefahr, dass einige Beiträge verloren gehen. Das liegt nicht nur an der Asynchronität, sondern auch an der großen Anzahl der Personen, die an so einer Diskussion beteiligt sind. In einer synchronen Diskussion mit so vielen Personen gehen individuelle Beiträge eigentlich eher unter. Im Forum bleiben die Beiträge stehen. Ich finde, wir haben diese Herausforderung super gemeistert, da wir verschiedene Threads der Diskussion lebendig gehalten haben. Das haben wir erst mal durch die Benutzung des @ Zeichens erreicht, um spezifische Beteiligte anzusprechen. Außerdem denke ich, sind wir auch eine sehr gewissenhafte Gruppe. Wir haben wirklich fast alle Bemerkungen wahrgenommen und darauf kommentiert. Mein Eindruck ist, alle waren gut aufgehoben und daraus ist eine gewisse asynchrone Solidarität entstanden.

Ich meine, je nach Aufgabe ist diese Art von Austausch für unsere Gruppe—und eventuell auch für viele Online Szenarien im Allgemeinen—oft produktiver als synchrone Meetings, die zwar protokolliert werden, aber bei denen viele Ideen einfach nicht in einer nützlichen Form gespeichert sind. Die Ideen in der Forum Diskussion haben eine gewisse Permanenz und können auch später gelesen und reflektiert werden. Das Dokument, das die Moderatorin Eva zusammengefasst hat, ist besonders nützlich und wertvoll. (Thank you Eva!) Natürlich eignen sich synchrone Meetings für Situationen, in denen schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen oder offene Fragen geklärt werden oä. Sich live zu treffen hat definitiv viele Vorteile. Ich meine nur, asynchrone Diskussionen haben auch große Vorzüge, die unsere Gruppe bei dieser Aufgabe so schön erlebt hat.

Third World Farmer: Spieler "erleben" selbst die bittere Realität und müssen ums Überleben kämpfen

3rd World Farmer: A Simulation to Make You Think www.3rdworldfarmer.com


Dieses Serious Game wurde von Studenten an der IT Universität in Kopenhagen entwickelt, um Leute für die düstere Lage und das schwere Schicksal der Farmer aus der dritten Welt zu sensibilisieren. Hier müssen Spieler versuchen, sich und ihre Familie als afrikanische Farmer durchzuschlagen.


Pädagogisches Ziel des Spieles ist, die spezifischen Herausforderungen eines third world farmer zu vermitteln. Durch das Spiel soll gelernt werden, welche Faktoren die Landwirtschaft in diesen Ländern zu solch einem bitteren Kampf des Überlebens machen.


Wie geht das Spiel?


Die Aufgabe des Spielers ist es, eine afrikanische Farm über einige Saisons zu managen. Man startet das Spiel mit $50 und muss sich entscheiden, welche Getreide man anbaut. Am Anfang kann man sich nur leisten, einfache Getreide wie Mais, Weizen, Baumwolle, oder Erdnüsse anzubauen. Man gibt seine Entscheidungen ein und kriegt dann das Ergebnis der Saison. Manchmal geht das gut, und man hat dann ein bisschen mehr Geld. Dann kann man auch Tiere, Werkzeuge, eine Scheune oder eine Quelle anschaffen. Wenn man über ein paar Saisons Erfolg damit hat, kann man auch in Infrastruktur investieren (Klinik, Schule, Telekommunikation). Man kann auch Farm Versicherung kaufen.


Das hört sich alles sehr gut an. Es ist aber gar nicht so einfach. Man wird im Laufe des Aufbauens mit sämtlichen Herausforderungen und Katastrophen konfrontiert. Nachdem man seine Strategie für die Saison eingibt, kann alles möglich auftauchen, was das Ergebnis beeinträchtigt: Da gibt’s zum Beispiel Diebstahl, mächtige Preisschwankungen, Missernte, Dürre, Tier Krankheiten, politische Korruption, Bürgerkrieg, Überfall von Revolutionären, uä.


Selbst die beste Planung ist keine Garantie auf Erfolg.


Ich habe mehrmals gespielt und immer gab’s Katastrophen, wo ich am Ende versagt habe. Es ist möglich, das Spiel zu gewinnen, aber es ist selten der Fall. Im Laufe des Spieles wurde ich frustriert und immer wieder enttäuscht, denn sobald ich ein bisschen Geld gespart hatte, war es mit der nächsten Katastrophe weg. Jede Saison war ein Kampf ums Überleben. Da gibt’s auch Versuchungen: Wenn man pleite ist, gibt’s verschiedene Optionen, Geld auf dubiose Weise zu verdienen: Man kann Opium anbauen oder Mitglied von einer paramilitärischen Gruppe von Radikalen werden. Man wird mit der Frage konfrontiert: eventuell nicht überleben oder solche fragwürdige Aktionen zu machen. Es ist leicht solche Aktivitäten als „schlecht“ zu beurteilen, aber man lernt dabei, wenn die Kinder drohen zu verhungern, wird man verzweifelt und solche Optionen scheinen ein Weg aus der Misere zu bieten.


Was ist der Lerneffekt?


Bei diesem Spiel gibt es eine gelungene Verknüpfung von Spiel und Inhalt. Das Lernen ist sehr gut im Spielfluss eingebettet. Man gibt Entscheidungen ein und bekommt unmittelbar ein Ergebnis. Man erfährt im Laufe des Spiels, dass die ausgeführten Handlungen oft von bitteren äußeren Umständen negativ beeinflusst sind und nichts mit den eigenen Entscheidungen zu tun haben.


Ich fand das Spiel als Serious Game sehr gelungen. Das Spiel ist eine einfache Simulation von einer nicht technischen, sondern sozialen Realität. Es hat eine starke emotionale Auswirkung. Beim Spielen erlebt man ein bisschen wie es ist, ein armer, einfacher Farmer in einem Entwicklungsland zu sein. Man lernt dies auf zwei Ebenen:


1. Die kognitive Ebene: Man lernt beim Spielen, was die spezifischen Faktoren sind, die das Farmen in so einem Land so schwierig machen: Dürre, Bürgerkrieg, etc.

2. Die emotionale Ebene: Es ist zwar nur ein Spiel, aber man erlebt ein bisschen davon, wie das sich anfühlen muss. Man entwickelt dabei ein Bewusstsein für die Misere von diesen Leuten und auch etwas Empathie für sie.


Als Simulation von sozialen Systemen lässt sich das Spiel auch sehr gut in Lernsituationen einbetten. Es wird bereits in vielen Schulen rund um den Globus verwendet. Es lässt sich wunderbar in didaktischen Kontexten verwenden und dient als Diskussionsanreger für kritische Themen wie globale Armut, Hunger, und politische Instabilität.


Nach dem Spiel sieht man eine „Take Action“ Taste, wo man Links zu verschiedenen Hilfsorganisationen bekommt und gleich spenden kann. Ich habe gelesen, etwa 56% der Spieler drücken auf diese Taste. Ich weiß nicht wie viele davon tatsächlich dann spenden, aber es ist immerhin ein Anfang. Als „awareness raiser“ ist das Spiel sehr effektiv. Ich habe auch gelesen, das Spiel wurde bereits von über einer Million Spieler gespielt.


Fazit


Ein sehr gelungenes Serious Game bzw. soziale Simulation mit kognitiven sowie emotionalen Auswirkungen. Highly recommended.