Dienstag, 8. Februar 2011

Facebook Fan aber "Twitter-Quitter"

Ich bin schon seit ein paar Jahren bei Facebook und Twitter registriert. Ich bin enthusiastischer Facebook Nutzer aber inzwischen ein sogenannter „Twitter- Quitter.“

Die Frage lautet, wie gemeinschaftlich sind diese beiden social software tools. Kurze Antwort: Facebook sehr, Twitter weniger.


Der kanadische Kommunikationstheoretiker Marshall McLuhan hat bereits in den sechziger Jahren gesagt, „the world is becoming a global village.“ Facebook hat diese Aussage bestätigt und dazu beigetragen, diese neue Realität konkret umzusetzen. Wir leben heute teilweise in einer postgeographischen Welt. Ein Tool wie Facebook unterstützt das „small world“ Phänomen (six degrees of separation).


Natürlich ist die Gemeinschaft, die Facebook realisiert, anders als die face-to-face Gemeinschaft, die wir bisher kannten. Die digitale Gemeinschaft ersetzt die analoge Gemeinschaft nicht, sondern sie erweitert unsere Vorstellung von Gemeinschaft. Deshalb ist es schwer, die Welt von Facebook mit den Kriterien der analogen Gemeinschaft zu beurteilen. Facebook setzt die Strukturen von analoger Gemeinschaft nicht um, aber das soll nicht heißen, dass digitale Gemeinschaften nicht gemeinschaftlich sind. Facebook ist vielleicht nicht so intim wie eine analoge Gemeinschaft, dafür ist es aber eine Erweiterung. Clara Shih, Authorin des Bestsellers „The Facebook Era“ schreibt, Facebook sei für sogenannte „schwache Verbindungen“ am besten geeignet.


Persönliche Erfahrungen mit Facebook


Bei Facebook kann man auf verschiedene Weise kommunizieren: (öffentliche Posts an alle ‚friends’, private synchrone chats, private asynchrone messages). Man kann nicht nur textbasiert kommunizieren, sondern man kann auch mit Bildern, Videos, und Weblinks kommunizieren.


Für mich gibt es zwei generelle Kategorien von menschlichen Verbindungen bei Facebook: alte Freundschaften und Bekanntschaften wieder entdecken und pflegen und neue Bekanntschaften knüpfen.


Durch Facebook habe ich viele alte Verbindungen und Freundschaften wiederbelebt, die ich ohne so ein Social Networking Tool sehr wahrscheinlich nie gemacht hätte. Heute morgen habe ich zum Beispiel mit einem alten Kumpel gechattet, mit dem ich vor Jahren zusammen in einer Band gespielt habe. Gestern habe ich mit einem alten Uni Kommilitonen aus Amsterdam über Facebook kommuniziert, der gesagt hat, dass er demnächst beruflich in Berlin unterwegs ist. Wir planen uns dann wieder zu treffen. Mit anderen aus meiner Schul- und Uni Zeit habe ich mich bereits tatsächlich wieder getroffen. Manchmal merkt man, wie verschieden wir uns inzwischen entwickelt haben, aber es war trotzdem gut uns wieder gesehen zu haben.


Ich habe bei Facebook auch neue Verbindungen geschlossen. Neulich habe ich einen Schriftsteller und Redakteur vom Ode Magazine Jay Walljasper als Freund gewonnen, den ich schon lange bewundert habe. Jetzt kann ich ihn ansprechen auf eine Art, die früher nicht möglich war.


Ich habe Facebook Freunde, die ich aus allen Phasen meines Lebens kenne. Mit social Networking ist alles irgendwie wieder präsent, obwohl viel Zeit vergangen ist, und obwohl wir durch die Welt verstreut sind (Ich habe Facebook Freunde in Kanada, Brasilien, Venezuela, Japan, Deutschland, Frankreich, Norwegen, Österreich, Romänien, England, Polen, in den USA, Philippinen, Niederlanden und der Schweiz).


Trotz der physischen und zeitlichen Entfernung sind alle präsent, und das ist ein faszinierender Aspekt von Facebook. Erinnerungen und Erfahrungen kommen wieder hoch, eben weil man wieder in Verbindung mit Leuten ist, die man lange aus den Augen verloren hatte. Die sind wieder da, und das gibt ein Gefühl von Kontinuität in einem modernen, manchmal fragmentierten Leben. Die sind da, zusammen mit neuen Verbindungen in einer etwas chaotischen globalen Fusion. Spannend! Das ist eine völlige neue Art von Gemeinschaft, die früher in der eher „linearen Ära“ einfach nicht möglich war. Vorher blieben Erinnerungen Erinnerungen. Jetzt ist Zeit und Geographie weniger entscheidend oder deterministisch.


Kritik


Trotz meines Enthusiasmus, etwas Kritik: Wenn ich etwas poste, ist das für alle sichtbar. Manchmal würde ich es mir wünschen, dass ich meine Freunde in für mich relevante Gruppen einteilen könnte. Das heißt: manchmal möchte man etwas mitteilen, das nur für bestimmte Menschen sichtbar sein soll. Man kann zwar Gruppen bilden, aber diese sind normalerweise zweckorientiert und beziehen sich nicht auf eine Einteilung der Facebook Freunde. Facebook Gruppen Sie sind eher Netzwerke wo man ein gemeinsames Interesse teilt. Diese Funktion, Freunde in verschiedene Kreise einzuteilen, würde vielleicht ein bisschen „Ordnung“ in die wilde Mischung bringen. Trotzdem finde ich die Mischung spannend. Nicht perfekt wie jede andere Form von Gemeinschaft, aber definitiv erweiternd.


Natürlich hat Facebook seine Schattenseiten. Einige benutzen das Tool als Bühne zur Selbstverherrlichung, deren Ziel ist es, möglichst viele Freunde zu sammeln, um „wichtig“ zu erscheinen. Andere teilen wirklich oberflächliche Dinge mit, wo man sich fragt „muss ich das wirklich wissen?“ Dann aber teilen viele dagegen wirklich interessante, unterhaltsame, und relevante Sachen mit. Manche führen sogar tiefgehende Diskussionen über Gott und die Welt. All diese Dinge passieren auch in der realen Welt, in der analogen Gemeinschaft. Facebook macht uns alle nicht sofort „bessere Menschen“, aber meiner Meinung nach trägt es zu einer offeneren Welt bei, wo Leute aus verschiedenen Ecken der Welt zusammen kommen können, um sich miteinander auszutauschen. Dann gibt es natürlich der Fall Ägypten und die Rolle, die Facebook dort gespielt hat...


Twitter


Twitter ist eine ganz andere Geschichte. Bei Twitter kann man lediglich eine kurze Botschaft aussenden. Tweet tweet! Ich nenne Twitter daher ein „Broadcast Tool“. Für mich hat das weniger mit Gemeinschaft zu tun. Es ist nicht so ganzheitlich. Man kann nicht darauf reagieren oder direkt eine Diskussion anfangen. Es scheint mir, Twitter ist manchmal ein Tool, wo man eher Gedanken von Prominenten und nicht wirklich von Freunden verfolgt. Wenn Tweets mit Facebook integriert sind, dann gibt es einen sozialen Kontext. Aber meistens wirken sie „entseelt“. Die Tweets hängen einfach da in der digitalen Luft. Außerdem ist man auf 140 Zeichen limitiert, und diese Begrenzung macht die Botschaft auch irgendwie künstlich. Der Gedanke ist oft nicht komplett.


Manchmal ist ein Tweet ein Hinweis auf mehr: Ein Link zu einem Blogeintrag zum Beispiel oder auf eine andere Quelle, wo der Kontext kompletter ist. Darin liegt die Stärke von Twitter. Ansonsten ist es wie SuperNews! sagt: Tweets sind oft nur "shouts of self-affirmation into the darkness, hoping someone is listening."


Bei Facebook weiss man, sobald die „Likes“ und „Kommentare“ auf einem Post erscheinen, die Welt hört zu—oder zumindest die persönliche Gemeinschaft, die man gesammelt hat. Bei Facebook ist die Welt gleichzeitig kleiner und größer...ich bin dabei!

1 Kommentar:

  1. Ich stimme Die zu, man twittert igendwie in die cloud und es ist nicht direkt ersichtlich wer zuhört. Dafür haben sich aber auch bei Twitter Mechanismen entwickelt, die Bindung oder Reputation herausstellen, zB. die Zahl der Follower, die RT, die Empfehlungen...

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